Biersommelier Staatsmeisterschaft 2021 –
Oli qualifiziert sich für das Nationalteam!
BierOK wird bei der Biersommelier Weltmeisterschaft 2022 in München teilnehmen. Da Oliver Klamminger bei der Österreichischen Staatsmeisterschaft der Sommeliers für Bier unter die Top sechs kam, hat er sich für das Österreichische Nationalteam qualifiziert. Die Freude ist groß!
Biersommelier Staatsmeisterschaft – ein Erlebnisbericht
Doch erstmal der Reihe nach. Ich, Oli, möchte euch gerne auf diese wahnsinnige und vor einer Woche noch unrealistische Reise mitnehmen und erzählen, wie ich es – auch wenn ich es noch gar nicht ganz glauben kann – geschafft habe, unter die Top sechs Österreichs zu kommen. Das gefällt mir auch deutlich besser, als in der dritten Person über mich selbst zu schreiben.
Zurück zum Biersommelier-Ursprung
Die fünfte vom Verband der Brauereien ausgetragene „Staatsmeisterschaft für Sommeliers für Bier“ hätte eigentlich bereits im November stattfinden sollen. Aber aus Pandemie-Gründen wurde sie auf den 3. Juli verlegt und in Obertrum – der Ursprungsstätte der Biersommelier-Bewegung und meinem ehemaligen Arbeitsplatz – ausgetragen.
Voller Motivation deckten wir – Oli und Klaus – uns im Oktober mit Bieren ein, von denen wir dachten, sie könnten bei der Staatsmeisterschaft abgeprüft werden. Auch die tägliche Blindverkostung lief – zumindest für eine Woche – gut an. Dann kam die Absage. Klaus konnte aus terminlichen Gründen im Juli nicht teilnehmen. Doof! Naja, und die Vorbereitung – sowohl praktisch als auch theoretisch – fiel der Fußball-EM zum Opfer. Ähnlich wie im Studium wollte ich mir vor der Abfahrt nach Obertrum zumindest noch die Medaillen der österreichischen Brauereien beim European Beer Star anschauen und die Anzahl merken. Das fiel dann aber dem Frühstück mit meiner Tochter zum Opfer. Sie wollte lieber mit Papa Joghurt essen. Es wäre so einfach gewesen – hätte nur den passenden Blogeintrag auf BierOK checken müssen. Dazu später mehr!
Gute Bekannte – guter Start
In Obertrum angekommen, durfte ich schon einige Teilnehmer begrüßen. Allessamt bekannte Gesichter, die ich leider schon lange nicht mehr gesehen habe! Das war bereits am Vormittag ein Highlight. Los ging’s dann mit der offiziellen Begrüßung und den Erklärungen von Jens Luckart, Fortbildungsleiter der Kiesbye-Akademie und „Executive Producer“ der Staatsmeisterschaft. Jeder zog eine Nummer, die jeden Teilnehmer bis zum Schluss anonym hielt. Gute Sache! Dann endlich die erste Disziplin: Off-Flavours bzw. Fehlaromen. Sechs Proben mussten nichtig zugeordnet werden. Gleich der erste Schock. Beim ersten Durchriechen…nichts! Alles gleich. Doch beim zweiten reinriechen konnte ich rasch alles zuordnen. Ergebnis: 100 Prozent richtig. Off to he next one.
Bierwissen ist gefragt
Nach einer kurzen Pause saßen wir schon wieder im Saal des Braugasthofes beim Multiple Choice Test. Brautechnologie und Sortenkunde wurde geprüft. Teilweise, aufgrund der Fragestellungen und Antworten – ganz schön knackig. Bin aber mit einem guten Gefühl raus und in die nächste Pause.
Die zweite sensorische Prüfung – nationale und internationale Biersile – war da schon deutlich kniffliger. Wieder mussten sechs Proben richtig erkannt werden. Als Vorgabe standen zirka 15 Bierstile am Zettel – was das Ganze nicht leichter gemacht hat. Doppelbock und Wiener Lager waren für mich einfach zu erkennen. Für das Spezial musste ich die ganze Probe austrinken, hab es dann aber doch erkannt. Das alkoholfreie Pils von Trumer hab ich erst erkannt und dann doch ein Leichtbier daraus gemacht. Hut ab Braumeister Felix Bussler!!! Das Baumgartner Märzen hab ich aufgrund der deutlichen Diacetyl-Aromen als tschechisches Lager eingeordnet. Fiese Auswahl Jens! Und das IPA von Neame Sheperd war bei mir erst ein Brown Ale, dann ein Alt. Auf IPA sind aber die wenigsten gekommen. Zugegeben: Es ist sehr klassisch, englisch interpretiert. Ergebnis: 50 Prozent richtig und damit im guten Schnitt aller Teilnehmer.
Sensorik-Special – mein Untergang
Der zweite Theorie-Teil war gespickt mit Fragen aus der österreichischen Braugeschichte und somit teilweise unlösbar. Jens ist da tatsächlich ein Fuchs, der Fakten findet, die gar nicht gefunden werden wollen. Dazu noch einiges zu Bier-Wettbewerben. So auch die Frage nach der Anzahl der Medaillen beim EBS. Ihr erinnert euch – ich wollte ja noch nachschauen. Egal, habe richtig geraten!
Als letzte Aufgabe kam eine spezielle Sensorik-Verkostung. Wir mussten aus drei Dubbel erkennen, welche beiden aus der selben Brauerei stammen. Selbst wenn ich an die Brauerei Rochefort gedacht hätte, hätte ich es wohl nicht richtig gehabt. Hab gerochen, getrunken und geschmeckt. Am Ende hab ich geglaubt, dass sich das Säurespiel zweier Biere ähneln. Falsch! Jens hat mich noch beim Abgeben aufgeklärt. Auf den Schock haben Reini Feigl und ich gleich alle Dubbel ausgetrunken. Dazu noch ein bis drei Pils an der Bar. Mit dem Finale hab ich sowieso nimmer gerechnet.
Du sollst dich nicht täuschen
Als dann bei der Ergebnisverkündung die Plätze zehn bis sieben aufgerufen wurden hab ich mich sehr für Reini gefreut. Sehr cool, du bist im Nationalteam! Meine Hoffnungen waren tatsächlich bereits begraben. Dann der erste Finalist. Jens liest die Nummer vor. Ich hör nur was mit 5 am Anfang und schau noch ein zweites Mal auf meinen zerknitterten Zettel. „Ja“, hab ich noch rausbekommen. Finale!
Bier predigen, Wasser trinken … oder so
Die nächsten Minuten hab ich dann versucht die Dubbels mit Wasser zu verdünnen um wieder ein weniger „seriöser“ zu werden. Mit mäßigem Erfolg. Startnummer sechs hat das Bemühen ein wenig begünstigt. So saß ich mit den Finalisten im Warteraum vor meinem vollen Pils – danke Michael, aber das wäre keine gute Idee gewesen – und hab mich aufs Wasser konzentriert. Dann endlich…Marion holt mich in den Saal. Showtime!
Das Finale – überschäumende Freude
Jens moderiert mich noch an und hat mir vorher drei grandiose Biere zur Auswahl hingestellt. Ich kenne alle drei sehr gut. Eines sollte ich wählen und in acht (8 !!!!!!) Minuten präsentieren. Den Sonnenkönig II von Stiegl hab ich nicht genommen, da er schon älter ist und mittlerweile Brettanomyces-Aromen hat und säuerlich ist. Immer noch ein Top-Bier! Am Ende habe ich Baja, das Oatmeal Stout von Bevog, dem Bruder Ator Barley Wine von Anita Herzog vorgezogen.
Gleich mit einem guten Start. Das Bier „hüpfte“ beim ersten Öffnen direkt aus der Flasche, beim Einschenken für die Jury aus den Gläsern. Es war mittlerweile ein Jahr über dem MHD und bei der Wärme im Saal hat sich wohl die Kohlensäure entbunden. Juhu! Hab noch versucht davon abzulenken und viel über die Brauerei zu erzählen. Aber im Endeffekt hat es mich ein wenig aus dem Konzept gebracht. Weil ich Bier, Brauerei und Brauer so gut kenne, hab ich auch gleich viel zu viel erzählt … und zu lang. Als ich das erste Mal auf den Counter geschaut hab, war er bei 00:00. Ende. Da hab ich noch versucht den Bierstil reinzupacken und ein halbwegs vernünftiges Ende zu bringen.
Verdienter Staatsmeister
Ohne dass ich die anderen fünf Finalisten gehört habe, trau ich mich zu sagen, dass wir mit Felix Schiffner einen verdienten Staatsmeister haben. Seine Worte „Endlich nicht mehr Vize“ sagen auch viel darüber aus, wie sehr er sich den Titel gewünscht hat. Gratulation von meiner Seite. Es ist mir eine Ehre mit Felix und den acht anderen Österreich bei der Weltmeisterschaft 2022 in München vertreten zu dürfen.
Das Nationalteam
- Reinhard Feigl (36; Wien) Wanderbrauer
- Ursula Huber-Kainz (42; Niederösterreich) Restauratorin, Heimbrauerin
- Franz Jirovec (Wien) IT- Leiter, Diplom Biersommelier, Hobbybrauer
- Clemens Kainradl (44; Burgenland) Biersommelier Staatsmeister 2014 und Vize-Staatsmeister 2016; Großhändler von Bierspezialitäten, Gastronom
- Oliver Klamminger (37; Salzburg) Journalist; Bierevent-Anbieter
- Michael Kolarik-Leingartner (38; Wien) Biersommelier-Staatsmeister 2016 und 2018; Vize-Staatsmeister 2021; Biervermarkter
- Harry Mittermaier (39; Niederösterreich) Gastronom
- Julian Selinger (32; Steiermark) Biersommelier-Vize-Staatsmeister 2016; Forscher Universität für Bodenkultur
- Felix Schiffner (Oberösterreich), Staatsmeister 2021, Vize-Weltmeister 2016; Vize-Staatsmeister 2018; Braumeister
- Karin Thaller (23; Oberösterreich) Brauerin
Die Fachjury:
- Dipl.Ing. Nicola Buchner (Verband der Diplom Biersommeliers)
- Mag. Florian Berger (Geschäftsführer, Verband der Brauereien Österreichs)
- Mag. Josef Christoph Sigl (Obmann der Sektion Mittelstandsbrauereien im Verband der Brauereien Österreichs)
- Dipl.Ing. Dr. Andreas Urban (Präsident des Bundes österreichischer Braumeister- und Brauereitechniker)
Mein Fazit
Vor der Staatsmeisterschaft wäre ich extrem froh über einen Platz unter den Top10 gewesen. Bei der Konkurrenz ist das nicht so leicht und ich habe nicht damit gerechnet. Im Nachhinein bin ich immer noch extrem happy, sogar sehr überrascht über die Top sechs. Allerdings wäre mit etwas mehr „Seriösität“ und einem „ruhigeren“ Bier im Finale vielleicht mehr drinnen gewesen. Aber wie mein Bruder zu sagen pflegt: „Wäre wäre Fahradkette“.
Alles ist gut, so wie es ist!